Ergebnisse des Förderschwerpunkts "Präventive Maßnahmen für die sichere und gesunde Arbeit von morgen"

Gruppe hinter Glaswand, die Klebezettel beschreibt

Die Veränderungen der Arbeitswelt sind weitreichend: Arbeitsformen wandeln sich, neue Tätigkeiten und Berufszweige entstehen, das zeit- und ortsflexible Arbeiten nimmt zu. Der Einsatz moderner Technologie – Industrie 4.0, künstliche Intelligenz – schafft neue Herausforderungen. Es gilt den demografischen Wandel sowie die digitale Transformation zu bewältigen. Hier setzt der Förderschwerpunkt „Präventive Maßnahmen für die sichere und gesunde Arbeit von morgen" an, in dem mehr als 150 Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft anwendungsorientierte Maßnahmen erforschten und entwickelten. Der Forschungsverbund wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ab 2015 aufgelegt und gefördert, vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut und von der Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Heidelberg im Rahmen des Projekts „Maßnahmen und Empfehlungen für die gesunde Arbeit von morgen“ (MEgA) koordiniert. Über die Ergebnisse des Förderschwerpunkts berichtet Prof. Dr. Karlheinz Sonntag, Leiter des Projekts MEgA.

Mit welcher Zielsetzung wurde der Förderschwerpunkt „Präventive Maßnahmen für die sichere und gesunde Arbeit von morgen" ins Leben gerufen?

Karlheinz Sonntag Karlheinz Sonntag: Die digitalen und demografischen Transformationsprozesse stellen Beschäftigte und Unternehmen vor immense Herausforderungen. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen benötigen für ihre Fach- und Führungskräfte Unterstützung, um den Wandel präventiv zu gestalten und kompetent zu bewältigen. Dementsprechend war das erklärte Ziel des BMBF-Forschungsverbunds praxistaugliche Konzepte und Instrumente in engem Austausch zwischen betrieblicher Praxis und Arbeitsforschung zu erproben und umzusetzen.

Welchen Stellenwert nimmt die betriebliche Förderung von Gesundheit und Kompetenz in einer digitalisierten Arbeitswelt ein?

Karlheinz Sonntag: Einen zentralen Stellenwert! Studien, wie auch unsere Arbeiten, belegen übereinstimmend eine Zunahme psychischer Belastungsfaktoren (bspw. Arbeitsintensität, -unterbrechungen) in der digitalen Transformation. Ich denke, dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, wie wichtig der Präventionsaspekt in der modernen Arbeitswelt vor dem Hinter­grund einer steigenden Anzahl älterer Beschäftig­ter ist. Es ist also erforderlich hier zuverlässige Analysetools einzusetzen und gesundheits- sowie kompetenzförderliche Interventionen zu betreiben.

Nach vier Jahren Forschung und Entwicklung: Welche Produkte bietet der Förderschwerpunkt Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft?

Karlheinz Sonntag: Die in den bundesweit 30 Verbundprojekten entwickelten Konzepte und Methoden sind in der MEgA-Toolbox „Gesunde Arbeit 4.0“ verfügbar. Verantwortliche im Gesundheits­management, HR-Experten oder die Beschäftigten selbst können die Tools, wie zum Beispiel Checklis­ten, Leitfäden oder Best-Practice-Beispiele, jeder­zeit online abrufen. Enthalten sind Analysetools zur Ermittlung psychischer Belastung am Arbeits­platz, Interventionsmaßnahmen, wie Trainings zur Gestaltung der Life Balance, mobile und flexible Arbeitsmodelle, Mensch-Roboter-Kollaborationen oder Konzepte zur gesundheitlichen Führung oder Unternehmenskultur.

Was macht die Toolbox-Inhalte dabei praxis­tauglich?

Karlheinz Sonntag: Es ist die intensive Zu­sammenarbeit der Projektbeteiligten und deren Engagement für einen präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutz in den Unternehmen. Teilge­nommen haben an diesem Forschungs- und Pra­xisverbund 64 Unternehmen, darunter 41 kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und 23 Groß­unternehmen, ebenso wie 43 Hochschulen, 16 Forschungsinstitute und 31 weitere Akteure und Intermediäre des Arbeits- und Gesundheitsschut­zes. Die beteiligten Unternehmen kommen aus verschiedenen Branchen. So waren Betriebe aus der IT-Branche, dem Dienstleistungs- und Pflege­bereich sowie dem produzierenden Gewerbe, aber auch aus dem Handwerk mit einbezogen. Da alle ihr Knowhow in die jeweiligen Projekte einfließen ließen, sind die Ergebnisse und die daraus entstan­denen Instrumente praxistauglich und erprobt.

Wie lautet ihr Fazit zum Förderschwerpunkt „Präventive Maßnahmen für die sichere und gesunde Arbeit von morgen"?

Karlheinz Sonntag: Das zentrale Produkt dieses Förderschwerpunkts ist die MEgA-Toolbox „Gesunde Arbeit 4.0“. Sie enthält und bündelt eine Vielzahl an Maßnahmen und Empfehlungen für eine gesundheits- und kompetenzförderliche Arbeit von morgen, die von Unternehmen sowie Vertretern des Arbeits- und Gesundheitsschutz abgerufen und benutzt werden können. Gemessen an diesen aktuell 243 Tools für ein modernes HR- und Gesundheitsmanagement ist der Förderschwerpunkt „Präventive Maßnahmen für die sichere und gesunde Arbeit von morgen“ ein voller Erfolg. Hervorzuheben ist die intensive Zusammenarbeit der Projektbeteiligten und deren Engagement präventive Gesundheitsförderung in den Organisationen zu betreiben. Toolbox und interaktive Plattform werden auch nach Ablauf des Förderschwerpunkts weiterhin durch das Projekt MEgA gepflegt und angereichert. Nachdem die bisherigen Forschungsarbeiten des Projekts MEgA auf den Produktions- und Dienstleistungs­bereich ausgerichtet waren, werden weiterführend die gesundheitsrelevanten Auswirkungen der Digitalisierung und des demografischen Wandels im Öffentlichen Dienst und in den Bundesbehörden untersucht. Lassen Sie mich ein abschließendes Fazit formulieren: Der in diesem BMBF-Verbundvorhaben intendierte präventive Ansatz hilft, die Chancen der Digitali­sierung zu nutzen und eine humane und dennoch produktive, moderne Arbeitswelt zu gestalten.

MEgA-Toolbox "Gesunde Arbeit 4.0"

Interview mit Prof. Dr. Karlheinz Sonntag im FAZ Personaljournal

Prof. Dr. Karlheinz Sonntag ist Professor an der Universität Heidelberg für Arbeits- und Organisationspsychologie und Leiter des Projekts MEgA

Das Interview führte Alexander Purbs.